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SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard: Anlassbezogene psychische Gefährdungsbeurteilung wird wichtig
- 14.05.2020
- Analysen, Psychische Gefährdungsbeurteilung
Die Corona (SARS-CoV-2)-Pandemie stellt auch für die Arbeitsschutz- und Gesundheitsexperten in Unternehmen eine große Herausforderung dar. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat ein betriebliches Maßnahmenkonzept für zeitlich befristete zusätzliche Maßnahmen zum Infektionsschutz vor SARS-CoV-2 (SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard) herausgegeben.
Hier haben wir Ihnen einige der wichtigsten technischen, organisatorischen und personenbezogenen Schutzmaßnahmen aufgelistet. Auch die Themen Home-Office und psychosoziale Belastungen werden darin angesprochen, auf die wir als erstes eingehen möchten.
1. Psychosoziale Belastungen durch Corona minimieren
Die Corona-Krise bedroht und verunsichert nicht nur Unternehmen, sondern erzeugt laut SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard auch bei vielen Beschäftigten große Ängste. Weitere zu berücksichtigende Aspekte hinsichtlich psychosozialer Belastungen sind u. a. mögliche konflikthafte Auseinandersetzungen mit Kunden, langandauernde hohe Arbeitsintensität in systemrelevanten Branchen sowie Anforderungen des Social Distancing. Diese zusätzlichen psychosozialen Belastungen sollen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt und darauf basierend geeignete Maßnahmen ergriffen werden.
Vor diesem Hintergrund sind wir derzeit dabei, einen spezifischen Kurzfragebogen zu entwickeln, der den besonderen Anforderungen in Corona-Zeiten Rechnung trägt. Gerne unterstützen wir Sie bei der anlassbezogenen psychischen Gefährdungsbeurteilung und Maßnahmenableitung. Sprechen Sie einfach unser Expertenteam um Christian Fuhrken an.
2. Home-Office
Büroarbeiten sind laut SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard nach Möglichkeit im Home-Office auszuführen, insbesondere, wenn Büroräume von mehreren Personen mit zu geringen Schutzabständen genutzt werden müssten. Home-Office kann auch einen Beitrag leisten, Beschäftigten zu ermöglichen, ihren Betreuungspflichten (z. B. Kinder oder pflegebedürftige Angehörige) nachzukommen.
Auch bei diesem Handlungsfeld unterstützen wir Sie gerne. Wir bieten seit Mai 2020 einen Home-Office-Führerschein an, der dafür sorgen soll, dass Beschäftigte und Führungskräfte im Home-Office nicht nur produktiv, sondern auch gesundheitsgerecht arbeiten. Kommen Sie bei Interesse gerne auf uns zu.
Auszug weiterer besonderer technischer Maßnahmen aus dem SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard
1. Arbeitsplatzgestaltung
Beschäftigte sollen ausreichend Abstand (mindestens 1,5 Meter) zu anderen Personen halten. Wo dies durch Maßnahmen der Arbeitsorganisation nicht möglich ist, müssen alternative Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Transparente Abtrennungen sind bei Publikumsverkehr und möglichst auch zur Abtrennung der Arbeitsplätze mit ansonsten nicht gegebenem Schutzabstand zu installieren. Büroarbeit ist nach Möglichkeit im Home-Office auszuführen. Andernfalls sind für Büroarbeitsplätze die freien Raumkapazitäten so zu nutzen und die Arbeit so zu organisieren, dass Mehrfachbelegungen von Räumen vermieden werden können bzw. ausreichende Schutzabstände gegeben sind.
2. Sanitärräume, Kantinen und Pausenräume
Zur Reinigung der Hände sind hautschonende Flüssigseife und Handtuchspender zur Verfügung zu stellen. Ausreichende Reinigung und Hygiene ist vorzusehen, ggf. sind die Reinigungsintervalle anzupassen. Dies gilt insbesondere für Sanitäreinrichtungen und Gemeinschaftsräume. Zur Vermeidung von Infektionen trägt auch das regelmäßige Reinigen von Türklinken und Handläufen bei. In Pausenräumen und Kantinen ist ausreichender Abstand sicherzustellen, z. B. dadurch, dass Tische und Stühle nicht zu dicht beieinanderstehen. Es ist darauf zu achten, dass möglichst keine Warteschlangen bei der Essensaus- und Geschirrrückgabe sowie an der Kasse entstehen. Ggf. sind die Kantinen- und Essensausgabezeiten zu erweitern. Als Ultima Ratio sollte auch die Schließung von Kantinen erwogen werden.
3. Lüftung
Regelmäßiges Lüften dient der Hygiene und fördert die Luftqualität, da in geschlossenen Räumen die Anzahl von Krankheitserregern in der Raumluft steigen kann. Durch das Lüften wird die Zahl möglicherweise in der Luft vorhandener erregerhaltiger, feinster Tröpfchen reduziert.
4. Außen- und Lieferdienste, Transporte und Fahrten innerhalb des Betriebs
Auch bei arbeitsbezogenen (Kunden-)Kontakten außerhalb der Betriebsstätte sind soweit möglich Abstände von mindestens 1,5 Meter einzuhalten. Die Arbeitsabläufe bei diesen Tätigkeiten sind dahingehend zu prüfen, ob vereinzeltes Arbeiten möglich ist, falls dadurch nicht zusätzliche Gefährdungen entstehen. Andernfalls sind möglichst kleine, feste Teams (z. B. 2 bis 3 Personen) vorzusehen, um wechselnde Kontakte innerhalb der Betriebsangehörigen bei Fahrten und Arbeitseinsätzen außerhalb der Betriebsstätte zu reduzieren. Zusätzlich sind für diese Tätigkeiten Einrichtungen zur häufigen Handhygiene in der Nähe der Arbeitsplätze zu schaffen. Weiterhin ist eine zusätzliche Ausstattung der Firmenfahrzeuge mit Utensilien zur Handhygiene und Desinfektion und mit Papiertüchern und Müllbeuteln vorzusehen.
5. Dienstreisen und Meetings
Dienstreisen und Präsenzveranstaltungen wie Besprechungen sollten auf das absolute Minimum reduziert und alternativ soweit wie möglich technische Alternativen wie Telefon- oder Videokonferenzen zur Verfügung gestellt werden. Sind Präsenzveranstaltungen unbedingt notwendig, muss ausreichender Abstand zwischen den Teilnehmern gegeben sein.
Auszug weiterer besonderer organisatorischer Maßnahmen aus dem SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard
1. Sicherstellung ausreichender Schutzabstände
Die Nutzung von Verkehrswegen (u. a. Treppen, Türen, Aufzüge) ist so anzupassen, dass ausreichender Abstand eingehalten werden kann. Wo erfahrungsgemäß Personenansammlungen entstehen (Zeiterfassung, Kantine, Werkzeug- und Materialausgaben, Aufzüge etc.) sollen Schutzabstände der Stehflächen bspw. mit Klebeband markiert werden. Auch bei Zusammenarbeit mehrerer Beschäftigter, z. B. in der Montage, sollte der Mindestabstand zwischen Beschäftigten von 1,5 Metern gewährleistet sein. Wo dies technisch oder organisatorisch nicht gewährleistet ist, sind alternative Maßnahmen (Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen) zu treffen.
2. Arbeitsmittel/Werkzeuge
Werkzeuge und Arbeitsmittel sind nach Möglichkeit personenbezogen zu verwenden. Wo das nicht möglich ist, ist eine regelmäßige Reinigung insbesondere vor der Übergabe an andere Personen vorzusehen. Andernfalls sind bei der Verwendung der Werkzeuge geeignete Schutzhandschuhe zu verwenden, sofern hierdurch nicht zusätzliche Gefahren (z. B. Erfassung durch rotierende Teile) entstehen. Dabei sind ebenfalls Tragzeitbegrenzungen und die individuelle Disposition der Beschäftigten (z. B. Allergien) zu berücksichtigen.
3. Arbeitszeit- und Pausengestaltung
Die Belegungsdichte von Arbeitsbereichen und gemeinsam genutzten Einrichtungen sind durch Maßnahmen zur zeitlichen Entzerrung (versetzte Arbeits- und Pausenzeiten, ggf. Schichtbetrieb) zu verringern. Bei der Aufstellung von Schichtplänen ist zur weiteren Verringerung innerbetrieblicher Personenkontakte darauf zu achten, möglichst dieselben Personen zu gemeinsamen Schichten einzuteilen. Bei Beginn und Ende der Arbeitszeit ist durch geeignete organisatorische Maßnahmen zu vermeiden, dass es zu einem engen Zusammentreffen mehrerer Beschäftigter (z. B. bei Zeiterfassung, in Umkleideräumen, Waschräumen und Duschen etc.) kommt.
4. Zutritt betriebsfremder Personen zu Arbeitsstätten und Betriebsgelände
Zutritt betriebsfremder Personen sind nach Möglichkeit auf ein Minimum zu beschränken. Kontaktdaten betriebsfremder Personen sowie Zeitpunkt des Betretens/Verlassens der Arbeitsstätte/des Betriebsgeländes sind möglichst zu dokumentieren. Betriebsfremde Personen müssen zusätzlich über die Maßnahmen informiert werden, die aktuell im Betrieb hinsichtlich des Infektionsschutzes vor SARS-CoV-2 gelten.
5. Handlungsanweisungen für Verdachtsfälle
Es sind betriebliche Regelungen zur raschen Aufklärung von Verdachtsfällen auf eine COVID-19-Erkrankung zu treffen. Insbesondere Fieber, Husten und Atemnot können Anzeichen für eine Infektion mit dem Coronavirus sein. Hierzu ist im Betrieb eine möglichst kontaktlose Fiebermessung vorzusehen. Beschäftigte mit entsprechenden Symptomen sind aufzufordern, das Betriebsgelände umgehend zu verlassen bzw. zuhause zu bleiben. Bis eine ärztliche Abklärung des Verdachts erfolgt ist, ist von Arbeitsunfähigkeit des Beschäftigten auszugehen. Die betroffenen Personen sollten sich umgehend zunächst telefonisch zur Abklärung an einen behandelnden Arzt oder das Gesundheitsamt wenden. Der Arbeitgeber sollte im betrieblichen Pandemieplan Regelungen treffen, um bei bestätigten Infektionen diejenigen Personen (Beschäftigte und wo möglich Kunden) zu ermitteln und zu informieren, bei denen durch Kontakt mit der infizierten Person ebenfalls ein Infektionsrisiko besteht.
Auszug weiterer besonderer personenbezogener Maßnahmen aus dem SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard
1. Mund-Nase-Schutz und Persönliche Schutzausrüstung (PSA)
Bei unvermeidbarem Kontakt zu anderen Personen bzw. nicht einhaltbaren Schutzabständen sollten Mund-Nase-Bedeckungen in besonders gefährdeten Arbeitsbereichen als PSA zur Verfügung gestellt und getragen werden.
2. Unterweisung und aktive Kommunikation
Über die eingeleiteten Präventions- und Arbeitsschutzmaßnahmen ist eine umfassende Kommunikation im Betrieb sicherzustellen. Unterweisungen der Führungskräfte sorgen für Handlungssicherheit und sollten möglichst zentral laufen. Einheitliche Ansprechpartner sollten vorhanden und der Informationsfluss gesichert sein. Schutzmaßnahmen sind zu erklären und Hinweise verständlich (auch durch Hinweisschilder, Aushänge, Bodenmarkierungen etc.) zu machen. Auf die Einhaltung der persönlichen und organisatorischen Hygieneregeln (Abstandsgebot, „Hust- und Niesetikette“, Handhygiene, PSA) ist hinzuweisen. Für Unterweisungen sind auch die Informationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hilfreich.
3. Arbeitsmedizinische Vorsorge und Schutz besonders gefährdeter Personen
Arbeitsmedizinische Vorsorge ist den Beschäftigten zu ermöglichen, beziehungsweise anzubieten. Beschäftigte können sich individuell vom Betriebsarzt beraten lassen, auch zu besonderen Gefährdungen aufgrund einer Vorerkrankung oder einer individuellen Disposition. Ängste und psychische Belastungen müssen ebenfalls thematisiert werden können. Der Betriebsarzt/die Betriebsärztin kennt den Arbeitsplatz und schlägt dem Arbeitgeber geeignete Schutzmaßnahmen vor, wenn die normalen Arbeitsschutzmaßnahmen nicht ausreichen. Gegebenenfalls kann der Arzt/die Ärztin der betroffenen Person auch einen Tätigkeitswechsel empfehlen. Der Arbeitgeber erfährt davon nur, wenn der/die Betreffende ausdrücklich einwilligt. Arbeitsmedizinische Vorsorge kann telefonisch erfolgen; einige Betriebsärzte/Betriebsärztinnen bieten eine Hotline für die Beschäftigten an.
Die vollständige Erläuterung zum SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard finden Sie hier.