Startseite • Analysen • Studien • #whatsnext2020-Ergebnisse XII: Die Hälfte der Unternehmen hat bereits eine PsyGB durchgeführt
Durch veränderte Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt – z. B. Arbeitsverdichtung oder Flexibilisierung – nimmt die Bedeutung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz kontinuierlich zu. Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen stellt somit nicht nur ein wichtiges Thema für das Betriebliche Gesundheitsmanagement, sondern auch eine seit 2013 gesetzlich zu erfüllende Pflicht nach Arbeitsschutzgesetz § 5 dar. Doch nicht alle Organisationen scheinen dieses Handlungsfeld tatsächlich ernst zu nehmen. Zwar messen 58.6 % von ihnen dem Thema eine große oder sehr große Bedeutung bei. Demgegenüber geben aber 41.4 % an, dass die psychische Gefährdungsbeurteilung für sie keine oder eine eher geringe Bedeutung hat – was angesichts der gesetzlichen Vorgaben durchaus überrascht.
Knapp ein Viertel der Organisationen noch nicht aktiv
So haben wir unter anderem gefragt: Wird bzw. wurde die psychische Gefährdungsbeurteilung in Ihrem Unternehmen ein- bzw. durchgeführt?
Vor dem Hintergrund der zuvor erwähnten Erkenntnis ist es entsprechend plausibel, dass bislang nur rund die Hälfte (50.3 %) der Organisationen das Thema umsetzt. 15.4 % planen, das Thema anzugehen. Und 25.6 % sind hinsichtlich der psychischen Gefährdungsbeurteilung noch nicht aktiv geworden. Besondere Auffälligkeiten: Verantwortliche aus Großorganisationen (63.7 %), größeren Organisationen (58.6 %) und mittleren Organisationen (48.0 %) geben signifikant häufiger an, die psychische Gefährdungsbeurteilung umzusetzen als kleine Organisationen (15.4 %) und Kleinstorganisationen (17.0 %) (Χ²(12)=193.39, p<.001).
Außerdem wollten wir wissen, welche der folgenden Analyseverfahren bzw. Prozessschritte der psychischen Gefährdungsbeurteilung bisher in den Unternehmen ein- bzw. durchgeführt wurden.
Am häufigsten kommen in den Organisationen schriftliche Befragungen zum Einsatz (68.8 %). Aber auch Workshops (36.8 %), Interviews (31.0 %) und Beobachtungsverfahren (24.0 %) sind relevante und regelmäßig eingesetzte Verfahren, um potenzielle psychische Belastungen zu ermitteln. Den idealtypischen Prozess der psychischen Gefährdungsbeurteilung skizziert die Richtlinie der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) in sieben Schritten. Die ersten vier Schritte bis hin zur Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen auf Basis der Analyseergebnisse werden von den meisten Organisationen durchlaufen. Und auch die parallele Dokumentation wird von gut der Hälfte (57.4 %) der Organisationen erledigt. Die Wirksamkeitskontrolle sowie die Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung fallen dabei ab: Nur jeweils 30.4 % der Befragten geben an, auch diese Schritte zu durchlaufen und so die psychische Gefährdungsbeurteilung in den angedachten Zyklus bzw. Prozess zu überführen.
Besondere Auffälligkeiten: 48.0 % der Großorganisationen geben an, moderierte Workshops zu nutzen – hier besteht ein signifikanter Unterschied zu kleinen Organisationen (5.6 %) und mittleren Organisationen (23.9 %) (Χ²(4)=27.47, p<.001). Unter den Kleinstorganisationen mit bis zu 9 Beschäftigten kommen besonders häufig Beobachtungsverfahren zum Einsatz (62.5 %). Hier lässt sich im Vergleich zu den 18.8 % der größeren Organisationen,die auf dieses Verfahren zurückgreifen, ein signifikanter Unterschied erkennen (Χ²(4)=13.00, p<.05).
Nur jede sechste Kleinstorganisation (17.0 %) kommt der gesetzlichen Pflicht zur psychischen Gefährdungsbeurteilung nach. Diese Organisationen haben damit einen enormen Nachholbedarf.
„Auch heute ist die psychische Gefährdungsbeurteilung noch nicht vollumfänglich in den Organisationen angekommen. Knackpunkt ist neben der grundsätzlichen Durchführung dabei insbesondere die Überführung der Gefährdungsbeurteilung in einen kontinuierlichen Prozess.“ Jan Schaller (IFBG)
Spannende Erkenntnis aus dem BGM Beschäftigtenbarometer (N=9376): Die Akzeptanz für die Durchführung einer psychischen Gefährdungsbeurteilung unter den Beschäftigten scheint vorhanden zu sein. So beträgt die Teilnahmequote am BGM Beschäftigtenbarometer, im Rahmen dessen auch die psychische Gefährdungsbeurteilung erfolgen kann, über alle Organisationen hinweg rund 66.0 %.
Schriftliche Befragung liegt weit vorn
So wurde auch gefragt: Welche der folgenden Analyseverfahren bzw. Prozessschritte der psychischen Gefährdungsbeurteilung planen Sie in Ihrem Unternehmen umzusetzen? Rund zwei Drittel (65.4 %) der Organisationen, die bislang noch keine psychische Gefährdungsbeurteilung durchgeführt haben, diese aber planen, möchten auf ein schriftliches Befragungsverfahren zurückgreifen. Auffällig ist, dass 44.4 % der Organisationen Interviewverfahren in Betracht ziehen – dieser Anteil ist im Vergleich zu den Organisationen, die bereits psychische Gefährdungsbeurteilungen über Interviews durchgeführt haben (31.0 %), etwas erhöht. Hinsichtlich der geplanten Prozessschritte zeigt sich eine ähnliche Verteilung wie bei den bereits aktiv umsetzenden Organisationen. Erfreulich ist, dass immerhin knapp die Hälfte der Organisationen angibt, eine Wirksamkeitskontrolle (49.7 %) bzw. eine Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung (43.1 %) durchführen zu wollen.
Insgesamt lässt sich sagen, dass der gesetzlichen Pflicht zur psychischen Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz kommen bislang nur 50.3 % der Organisationen nach. 15.4 % planen eine Umsetzung– vor allem mittels schriftlicher Befragung oder Interviews. Insbesondere kleinere Organisationen haben bei der psychischen Gefährdungsbeurteilung Nachholbedarf.
Hier können Sie sich das ganze Kapitel zum Thema „Psychische Gefährdungsbeurteilung“ inklusive aller Grafiken des Studienbandes #whatsnext2020 herunterladen.
Sie hätten gerne noch weiterführende Informationen zu unserer Studie #whatsnext2020 in Kooperation mit Haufe und der Techniker Krankenkasse? Mehr erfahren Sie in unserem Newsletter.