Altersgemischte Tandems und Teams in der Corona-Krise besonders wichtig
April 2020
Jüngere Beschäftigte berichten signifikant häufiger von kognitiven Stresssymptomen als ihre älteren Kolleginnen und Kollegen. Ältere Beschäftigte haben indes häufiger körperliche Beschwerden. Da sich auch die Kompetenzen der beiden Zielgruppen unterscheiden, sollten Unternehmen dringend auf altersgemischte Tandems und Teams setzen – gerade in der Corona-Krise.
In Zeiten von Corona und den damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen ist es nicht möglich, dass sich viele Beschäftigte gleichzeitig auf engstem Raum befinden. Viele Unternehmen lassen daher nur kleine Teams am Arbeitsplatz zusammenkommen und achten auf Abstandsregeln. Doch worauf kommt es bei der Zusammensetzung solcher Teams an? Aktuelle Studienergebnisse des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) unterstreichen nun, warum altersgemischte Teams oder Tandems in diesem Kontext besonders wichtig sind.
Das IFBG mit Sitz in Konstanz und Eckernförde hat dazu die Daten von zahlreichen wissenschaftlichen Mitarbeiterbefragungen in Unternehmen verschiedener Branchen ausgewertet. Die Daten der rund 7.315 Beschäftigten, die in Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse (TK) erhoben wurden, zeigen, dass ältere Beschäftigte (50 Jahre und älter) signifikant häufiger von körperlichen Beschwerden wie Nacken- oder Knieproblemen (24% und 16%) berichten als ihre jüngeren Kolleginnen und Kollegen. Im Hinblick auf kognitive Stresssymptome sind es jedoch tatsächlich die jüngeren Beschäftigten (18 bis 49 Jahre), die signifikant häufiger betroffen sind. Besonders verbreitet sind bei dieser Zielgruppe Konzentrationsprobleme (55%), Schwierigkeiten sich zu erinnern (37%) oder Schwierigkeiten klar zu denken (37%).
Was Verbesserungsmaßnahmen angeht, so zeigen die Befragungsdaten des IFBG, dass ältere Beschäftigte insbesondere bei der Qualifizierung von Führungskräften (36%), sowie beim Konfliktmanagement (23%) Handlungsbedarf sehen. Werden die älteren Beschäftigten nach ihren Teilnahmewünschen gefragt, geben sie signifikant häufiger als ihre jüngeren Kolleginnen und Kollegen an, dass sie gerne an Entspannungskursen teilnehmen würden (68%).
Fazit: Ältere und jüngere Beschäftigte bringen unterschiedliche Stärken und Schwächen mit. Die Studienergebnisse des IFBG untermauern, dass Unternehmen und Einrichtungen des Öffentlichen Dienstes gerade in Zeiten von Corona auf altersgemischte Teams setzen sollten.
Die besten Tipps für Beschäftigte und Führungskräfte für eine gute Zusammenarbeit in altersgemischten Teams:
- Setzen Sie Belohnungsanreize für Teamerfolge (z. B. ein gemeinsamer Teamabend) das stärkt das Wir-Gefühl im Team und damit die Zusammenarbeit.
- Beziehen Sie Senior-Praktikanten ein! Der Film „Man lernt nie aus“ mit Robert De Niro zeigt sehr schön, wie bereichernd Senior-Praktikanten für Unternehmen sein können.
- Nutzen Sie Lern-Tandems: Hier können Alt und Jung voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen. Das fördert nicht nur die Teamfähigkeit, sondern trägt gleichzeitig auch zu einem gelungenen Wissensmanagement bei.
- Regen Sie Job-Shadowing an! Warum nicht mal bei einer Kollegin oder einem Kollegen über die Schulter gucken – egal ob Ältere oder Jüngere. Das erhält die Lust auf Neues und fördert Flexibilität und Einsatzbereitschaft.
- Ermöglichen Sie Ihren Beschäftigten Job-Rotationen und Job-Sharing. Dadurch geben Sie Beschäftigten die Möglichkeit, einer Tätigkeit nachzugehen, die ihren möglicherweise veränderten Fähigkeiten und Bedürfnissen entspricht – so bleibt dem Unternehmen wichtiges Erfahrungswissen erhalten.
- Bieten Sie auch älteren Beschäftigten regelmäßige Weiterbildungen an. Ganz gleich, ob neue Fähigkeiten erlernt werden oder bereits bestehende Kompetenzen ausgebaut werden. Neuer Input verhindert Monotonie am Arbeitsplatz.
- Fördern Sie eine offene und ehrliche Kommunikationskultur. Das begünstigt die vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Beschäftigten und eine lösungsorientierte Konfliktkultur.
- Sorgen Sie dafür, dass Stereotype über ältere Beschäftigte abgebaut werden. Ein positives Altersbild und ein Fokus auf die Stärken Älterer fördert Wertschätzung und erfolgreiche Zusammenarbeit. So sind jüngere Beschäftigte zwar häufiger schneller, Ältere kennen aber aufgrund ihrer Erfahrungen häufig „Abkürzungen“, die zum Ziel führen, und machen weniger Fehler.
- Setzen Sie auch Projektteams aus verschiedenen Altersgruppen zusammen. Die
verschiedenen Expertisen und Wissensstände fördern ein innovatives und kreatives Arbeiten. - Nutzen Sie zielgruppengerechte Gesundheitskommunikation. Ältere Beschäftigte interessieren sich eher für Kurse zu Entspannungstechniken, während Jüngere eher an Ernährungsberatungen und Kochevents sowie allgemeinen Angeboten zu Sport und Bewegung teilnehmen möchten.
Drei Fragen an Demografie-Expertin Laura Hüning vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG):
Was bedeutet es für die Teamzusammenarbeit, wenn von den Babyboomern bis zur Generation Alpha alle Altersgruppen in einem Team vertreten sind?
Dabei gibt es, wie in jeder Teamzusammensetzung Herausforderungen, aber ebenso etliche Chancen! Beispielsweise können die verschiedenen Sichtweisen, Expertisen und Erfahrungen zu tollen Synergieeffekten führen und die kreative und innovative Zusammenarbeit in Teams fördern. Dazu sollte natürlich die Vorarbeit geleistet sein: Das Team sollte sich frei von Altersstereotypen machen und jedes Teammitglied als wertvolle Ergänzung sehen. Wenn dann
noch die Kommunikationskultur wertschätzend ist, können Irritationen oder Störungen direkt, offen angesprochen werden. Jede Generation bringt etwas mit. Die Älteren haben das über Jahre angeeignete Expertenwissen, die Jüngeren bringen eine neue Denkweise mit und können an verschiedenen Stellen als „Neue in dem Bereich“ wertvolle Inputs geben.
Was kann von Unternehmensseite getan werden, um eine generationenübergreifende Zusammenarbeit im Team zu stärken?
Unternehmen können sich die Vorteile von generationenübergreifenden Teams explizit zunutze machen, indem sie diese bewusst fördern. Das Tandem-System eignet sich beispielsweise hervorragend, um das Wissen der älteren Beschäftigten im Unternehmen zu halten und neue Beschäftigte schnell in die Abläufe einzuarbeiten. Im Gegenzug stellt der Neuling möglicherweise Fragen, die auch bei den erfahrenen Kolleginnen und Kollegen zum Überdenken eigener Vorgehensweisen anregen können. Eine systematische Vorgehensweise unter Einbezug der Beschäftigten, bspw. im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements und der Personalentwicklung, hilft, die Potentiale einer älterwerdenden Belegschaft zu nutzen.
Welche Rolle kommt hier den Führungskräften zu?
Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, eine gute, funktionierende Teamstruktur zu ermöglichen. Das bedeutet zum einen, die Bedürfnisse der verschiedenen Teammitglieder im Blick zu haben und niemanden zu benachteiligen. Zum Anderen geht es aber auch um die konkrete Gestaltung und Umsetzung von Maßnahmen, wie bspw. die Arbeitsplatzgestaltung und die Möglichkeiten zur Weiterbildung. Ein Vorurteilsfreier und wertschätzender Umgang von Führungskraft und Team sind hier entscheidend. Nur wenn eine Kultur der Offenheit und des Austausches existiert, ist es für die Führungskraft möglich, die diversen Bedürfnisse im Team zu kennen und zu berücksichtigen. Außerdem hat natürlich auch hier das Verhalten der Führungskraft eine Vorbildfunktion. Zeigt die Führungskraft einen offenen und vorurteilsfreien Umgang mit den Teammitgliedern, wird das Team eher dazu neigen, ebenfalls offen und wertschätzend mit den Kolleginnen und Kollegen umzugehen.