Frauen und ältere Beschäftigte stärker von Schlafproblemen betroffen
(aktuelle Daten zum Tag des Schlafes am 21.06.2020)
Juni 2020
Das deutsche Wort „Schlafmütze“ unterstreicht es ganz deutlich: Wer viel schläft, gilt hierzulande immer noch als schwach und wenig produktiv. Diese Sichtweise sollte sich schleunigst ändern. Denn Schlafprobleme sind bei Erwerbstätigen weit verbreitet, wie aktuelle Auswertungen des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) mit Sitz in Konstanz und Eckernförde verdeutlichen.
Die Gesundheitsexperten haben Daten von rund 7.690 Beschäftigten verschiedener Branchen ausgewertet. Diese zeigen, dass signifikant mehr Frauen ein auffälliges Schlafverhalten oder sogar ausgeprägte Schlafstörungen haben (34,0%) als ihre männlichen Kollegen (27,4%).
Personen mit Führungsverantwortung scheinen ausreichend auf ihre Schlafhygiene zu achten. 73,7% der Führungskräfte haben ein unauffälliges Schlafverhalten. Bei den Beschäftigten ohne Führungsverantwortung sind es mit 67,7% signifikant weniger Personen.
Auch in den Altersgruppen zeigen sich signifikante Unterschiede. Je älter die Beschäftigten sind, desto höher ist der Anteil derer, die angeben ein auffälliges Schlafverhalten oder ausgeprägte Schlafstörungen haben. Sind es bei den Beschäftigten bis 29 Jahre noch 26,4%, steigt der Anteil über die Altersgruppen an (30-39 Jahre – 30,1%; 40-49 Jahre – 30,6%; 50-59 Jahre 32,7%). Die Altersgruppe 60 Jahre und älter hat mit 32,0% wieder einen etwas kleineren Wert.
Auch interessant: Etwa 66,0% aller Befragten wünscht sich regelmäßig oder manchmal einen kurzen Mittagsschlaf im Alltag
21+6 Tipps zum Tag des Schlafes am 21.06.2020 für Beschäftigte und Führungskräfte
Praktische Tipps für den Bereich Alltag:
Tipp 1: Solltest Du morgens partout nicht aus dem Bett kommen, kann es sein, dass Deine Aufstehzeit nicht zu Deinem Chronotypen passt.
Tipp 2: Wenn Du Einschlafprobleme hast, dann trinke keinen Kaffee oder Schwarztee in den letzten 5 Stunden vor dem Zubettgehen.
Tipp 3: Sport ist gut für den Schlaf – aber nicht zu spät. Es sollten mindestens zwei Stunden zwischen Deinem Workout und dem Schlafengehen liegen.
Tipp 4: Kein „Gläschen am Abend“: Zwar erleichtert Alkohol das Einschlafen, es stört aber das Durchschlafen.
Tipp 5: Vermeide Medienkonsum in der letzten Stunde vor dem Schlafen. Suche Dir lieber ein „Offline-Hobby“ (z. B. Puzzeln, Basteln, Ausmalen).
Top-Tipp 1: Wenn Dich abends wieder einmal etwas vom Zubettgehen abhält, obwohl Du müde bist: Stelle Dir einen Wecker, um INS Bett zu gehen.
Top-Tipp 2: Ein Ritual am Abend hilft, damit sich Dein Körper aufs Schlafen vorbereitet (z. B. kurzer Spaziergang, Atemübung, noch einmal aus dem Fenster schauen).
Praktische Tipps für den Bereich Gedanken:
Tipp 6: Schlaf-Tracking mittels Smartwatch oder Apps kann dazu führen, dass Du zu viel über Deinen Schlaf nachdenkst und deshalb schlechter schläfst.
Tipp 7: Wenn Du über etwas nachdenkst, tue das möglichst positiv und problemlösend. Nie sorgenvoll.
Tipp 8: Nicht jede freie Minute musst Du irgendwie nutzen. Genieße es im Tagesverlauf und am Abend auch einfach mal, nichts zu tun.
Tipp 9: Freue Dich auch über kleine Erfolge (z. B. neues Ritual etabliert, weniger Medienkonsum am Abend, regelmäßige Zu-Bettgeh-Zeiten).
Tipp 10: Rückwärts in Dreierschritten von 100 bis 0 zu zählen, soll angeblich dem richtigen Niveau geistiger Aktivität entsprechen, um den Schlaf von Erwachsenen zu fördern.
Top-Tipp 3: Wenn Du im Bett liegst und nicht einschlafen kannst, setze Dir das Ziel, solange wach zu bleiben wie möglich. Klingt paradox, kann aber tatsächlich helfen, schneller einzuschlafen.
Praktische Tipps für den Bereich Körper:
Tipp 11: Klingt simpel, ist aber für die meisten Schlechtschläfer ein genialer Ratschlag: Gehe erst ins Bett, wenn Du wirklich müde bist.
Tipp 12: Lebe nach Deinem Chronotypen. Gehe als Frühtyp (Lerche) nicht zu spät und als Spättyp (Eule) nicht zu früh ins Bett.
Tipp 13: Tiefschlaf ist für die Regeneration besonders wichtig. Da dieser vor allem in der ersten Nachthälfte stattfindet, schlafe nie weniger als 4 Stunden.
Tipp 14: Ein heißes Bad erhöht Deine Körpertemperatur. Wenn Du herauskommst, kühlst Du recht schnell ab, was den natürlichen Prozess des Einschlafens nachahmt.
Tipp 15: Stimme Dich auf die Nacht ein. Bereite Dich bspw. durch das Anziehen eines Schlafanzuges vor. Das kann ein unterstützendes Ritual sein.
Tipp 16: Guten Morgen, Sonne! Nach dem Aufstehen solltest Du möglichst viel natürliches Licht tanken. Das macht Dich wach und hebt die Stimmung.
Top-Tipp 4: Auch wenn es hart ist: Sobald Du länger als 15 Minuten wachliegst, verlasse das Schlafzimmer. Dein Körper soll sich nicht daran gewöhnen, im Bett wach zu sein.
Praktische Tipps für den Bereich Schlafumgebung:
Tipp 17: Wenn Du abends Serien schaust oder im Internet surfst, dann stelle unbedingt Deine Nightshift- bzw. Blaufilterfunktion auf Deinem Mobilgerät ein.
Tipp 18: Summende oder tickende Geräte haben im Schlafzimmer nichts verloren. Prüfe zu einer ruhigen Tageszeit, ob es diese Störgeräusche gibt.
Tipp 19: Ob weiß, grün oder blau: Kühle Farben im Schlafzimmer wirken auf die meisten Menschen beruhigend.
Tipp 20: Die empfohlene Raumtemperatur liegt bei 16 bis 18 Grad. Zudem solltest Du vor dem Zubettgehen lüften. Frische Luft fördert den Schlaf.
Tipp 21: Lass Dein Handy verstummen. Nutze den Flugmodus nachts oder lege Dein Handy in eine Art „Schlummer-Tresor“ und schließe diesen ab.
Top-Tipp 5: Die Uhrzeit interessiert uns nachts nicht. Verbanne alle Uhren aus Deinem Schlafzimmer oder drehe den Wecker gegen die Wand.
Top-Tipp 6: Lichtwecker sind sinnvolle Helfer. Sie erhellen das Zimmer zur gewünschten Uhrzeit und unterstützen das natürliche Aufwachen. Ein zusätzliches Alarmsignal stellt sicher, dass Du nicht verschläfst.
Drei Fragen an Dr. Sai-Lila Rees vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG):
Welche Bedeutung hat Schlaf für die Leistungsfähigkeit und Gesundheit der Beschäftigten?
Schlaf spielt eine Schlüsselrolle für die Leistungsfähigkeit, Produktivität und Gesundheit von Beschäftigten. Beispielweise werden, während wir schlafen, unsere Energiereserven aufgefüllt und das Immunsystem gestärkt. Auch neu erlerntes Wissen wird abgespeichert, und Emotionen werden verarbeitet. So gibt es auch Belege dafür, dass Schlafstörungen in einem engen Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Depression stehen. Darüber hinaus beeinflusst Schlaf die kognitive und motorische Leistungsfähigkeit. Dabei gilt: Je erholsamer der Nachtschlaf, desto wahrscheinlicher sind Höchstleistungen bzw. positive Anpassungserscheinungen des Organismus im Tagesverlauf. Dagegen zeigen Studien das Müdigkeit zu den häufigsten Ursachen von Arbeits- und Berufsunfällen gehören. Jeder fünfte Berufsunfall kann auf Müdigkeit aufgrund von Schlafproblemen zurückgeführt werden.
In Anbetracht der aktuellen Ausnahmesituation schlafen viele Menschen schlecht. Woran liegt das? Und was kann dagegen getan werden?
Dass gerade jetzt viele Menschen schlecht schlafen, kann auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden. Ein Grund ist, dass nun viele Menschen von zu Hause aus arbeiten, was zu einer Verflechtung des Arbeits- und Privatlebens führt. Gerade im Hinblick auf einen gesunden Schlaf ist es jedoch wichtig, dass die Bereiche „Arbeiten“ und „Schlafen“ voneinander getrennt sind. So sollte im Schlafzimmer nichts an die Arbeit erinnern, und es sollte darauf verzichtet werden, vor dem Schlafen E-Mails am Handy oder Laptop zu lesen. Nicht nur, dass die Inhalte uns vom Schlaf abhalten, auch das ungefilterte Licht moderner LED-Bildschirme wirkt nachweislich wie ein Koffein-Kick. Daher ist es empfehlenswert, die Blaulichtfilterfunktion am Handy/Laptop einzuschalten und mindestens 30 Minuten vor dem Schlafen ganz auf digitale Medien zu verzichten. Ein weiterer Grund für gestörten Schlaf sind Ängste und Sorgen, die sich aktuell bei einigen Menschen auf die Gesundheit oder die private Wirtschaftssituation beziehen. Um dem Gedankenkarussell zu entfliehen, hilft es z. B., die Gedanken durch Atem- oder Entspannungsübungen auf etwas anderes zu lenken.
Wie können Unternehmen Beschäftigte hinsichtlich des Themas Schlaf unterstützen?
Grundsätzlich hat das Thema Schlaf in Deutschland immer noch einen schlechten Ruf und wird häufig mit Schwäche verbunden, weshalb sich zunächst etwas an der (Unternehmens-)Kultur ändern sollte. Hier kommt besonders Führungskräften eine wichtige Vorbildfunktion zu: Sind sie für das Thema Schlaf offen, erleichtert es auch den Beschäftigten, sich mit dem Thema offen zu beschäftigen. Ein möglicher Ansatz hierzu wäre, Führungskräfte oder Beschäftigte zu „Schlafbotschaftern“ auszubilden, die im Unternehmen für das Thema sensibilisieren. Eine andere Möglichkeit ist mittels Informationskampagne (z. B. „Yes, we penn!“) über das Thema zu informieren. Nicht zuletzt ist ein weiteres wichtiges Handlungsfeld die Einrichtung von Schlaf- oder Ruheräumen, in die sich die Beschäftigten bei Bedarf zurückziehen können.