Zentrale Ergebnisse der Studie #whatsnext2020 – Erfolgsfaktoren für gesundes Arbeiten in der digitalen Arbeitswelt
September 2020
Gemeinsam mit der Techniker Krankenkasse und der Haufe-Gruppe hat das IFBG zum zweiten Mal Daten zum Thema „Erfolgsfaktoren für gesundes Arbeiten in der digitalen Arbeitswelt“ erhoben. Deutschlands größte Studie zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) befasst sich mit den Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt. Welche Bedeutung haben die mobile Arbeit, agile Arbeitsmethoden, neue Führungsmodelle oder auch digitaler Stress? Die Ergebnisse geben Einblicke in die größten Handlungs- und Problemfelder für ein zukunftsfähiges BGM. Die wichtigsten Erkenntnisse finden Sie hier:
1.192 Organisationen aus ganz Deutschland
Die Studie „#whatsnext2020 – Erfolgsfaktoren für gesundes Arbeiten in der digitalen Arbeitswelt“ richtete sich an Wirtschaftsunternehmen und Einrichtungen des Öffentlichen Dienstes in ganz Deutschland. Insgesamt beteiligten sich im sechswöchigen Befragungszeitraum (17.02.2020 bis 31.03.2020) 1192 Organisationen an der Online-Befragung. Die Studie #whatsnext2020 ist damit die wohl größte Studie, die es in Deutschland je zur Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) gegeben hat.
Ein Viertel der Organisationen hat ein ganzheitliches BGM
Wie verbreitet sind BGF-Maßnahmen in Deutschland aktuell? In knapp jeder achten Organisation (13,4 %) gibt es überhaupt keine Gesundheitsförderungsangebote, drei von neun Organisationen (34,8 %) bieten vereinzelte BGF-Maßnahmen an. Etwas über ein Viertel (26,2 %) gibt an, dass in ihrer Organisation bereits BGF-Maßnahmen umgesetzt werden und ein Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) im Aufbau ist. In 22,2 % der Organisationen existiert bereits ein ganzheitliches BGM.
Je größer die Organisation, desto häufiger gibt es ein ganzheitliches BGM
8 von 10 der Kleinstorganisationen und kleinen Organisationen setzen nur einzelne BGF-Maßnahmen um. Im Vergleich dazu werden bei mindestens 6 von 10 der größeren Organisationen mit mehr als 250 Beschäftigten BGF-Maßnahmen umgesetzt oder es existiert bereits ein ganzheitliches BGM.
Jede zehnte Organisation mit ganzheitlichem BGM hat dieses zertifiziert
Eine öffentlichkeitswirksame Zertifizierung des BGM kann durchaus als Wettbewerbsvorteil gegenüber branchenähnlichen Organisationen genutzt werden. Bisher lassen jedoch nur 11,5 % der Organisationen, die angegeben haben, ein ganzheitliches BGM umzusetzen, dieses auch zertifizieren.
Ein Viertel der Organisationen hat keine finanziellen Ressourcen für die BGF
Knapp ein Viertel der Organisationen hat für die Gesundheitsförderung ihrer Beschäftigten kein eigenes finanzielles Budget. Nahezu jede zweite Organisation hat maximal 10.000 Euro pro Jahr zur Verfügung. Lediglich 11,7 % der Organisationen können für die Gesundheitsförderung auf ein Budget von mehr als 50.000 Euro zurückgreifen.
BGM wird mit Blick auf wirtschaftliche Krisenzeiten als bedeutend erachtet
Mehr als ein Drittel der Organisationen gibt an, dass das BGM in wirtschaftlichen Krisenzeiten wichtiger denn je ist. Dass das BGM in diesen Zeiten zumindest nicht weniger wichtig wird, sagen sogar 81,3 %. Uneins sind sich die Organisationen hingegen bei der Entwicklung der finanziellen Ressourcen in wirtschaftlichen Krisenzeiten. Während 48,2 % der Organisationen glauben, dass sich das Budget erhöhen wird oder zumindest gleichbleibt, gehen 43,6 % davon aus, dass sich dieses reduzieren wird.
Reifegrad des BGM unterscheidet sich in den Organisationen deutlich
In 88,3 % der Organisationen, die ein BGM etabliert haben oder derzeit aufbauen, wird bereits eine Gesundheitskultur gelebt. Rund 10,0 % haben es zudem geschafft, gesundheitsbezogene Vereinbarungen und Führungsgrundsätze zu entwickeln und diese zu verankern. Die übrigen rund 90,0 % der Organisationen haben hier noch Optimierungsmöglichkeiten.
Fachkräftemangel spielt für einen Großteil der Organisationen eine Rolle
Ist der Fachkräftemangel in den nächsten 5 Jahren für die Organisationen relevant? 8 von 10 Organisationen bejahen diese Frage. Um den Herausforderungen des Fachkräftemangels am Arbeitsmarkt zu begegnen, setzen die Organisationen vor allem auf flexible Arbeitszeiten und Teilzeitangebote. BGF-Maßnahmen spielen aber auch eine Rolle.
Veränderungen durch die Digitalisierung werden nicht generell mit Sorgen oder Ängsten verknüpft
45,6 % der Organisationen – vor allem Öffentliche Einrichtungen – nehmen Sorgen oder Ängste im Zuge der Digitalisierung wahr. Jedoch geben nahezu genauso viele Organisationen an, dass sie keine Sorgen unter den Beschäftigten bemerken. Ein Großteil der Ängste bezieht sich auf die Verdichtung der Arbeit, was insbesondere bei Öffentlichen Einrichtungen der Fall ist.
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist eines der wichtigsten Themen
7 von 10 der Organisationen bieten bereits Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben an. Öffentliche Einrichtungen und größere Organisationen sind hier besonders aktiv. Flexible Arbeitszeiten sind die häufigste Maßnahme. Bei der Vertrauensarbeitszeit ist jedoch noch Luft nach oben.
Mobile Arbeit – Großorganisationen sind führend bei der Umsetzung
60,8 % der Organisationen, insbesondere Großorganisationen, setzen bereits Maßnahmen im Bereich mobiler Arbeit/Telearbeit um. Vereinbarungen zu ergebnisorientiertem Arbeiten gibt es hingegen kaum (21,8 %). Allerdings sind Wirtschaftsunternehmen in der Planung von ergebnisorientiertem Arbeiten deutlich weiter als Öffentliche Einrichtungen.
Ohne Boss immer noch nix los
Erst 39,7 % aller Organisation setzen Angebote im Bereich Gesundes Führen um. In der Gruppe der Großorganisationen sind dies 59,9 %. Bei der Planung von Angeboten sind vor allem Seminare und verpflichtende Fortbildungen zum Thema gesunde Mitarbeiterführung angedacht – in westdeutschen Organisationen deutlich stärker als in ostdeutschen.
Die Förderung von konzentriertem Arbeiten spielt noch eine untergeordnete Rolle
Nur 25,2 % der Organisationen haben entsprechende Angebote (v. a. separierte Bereiche und Lärmschutzmaßnahmen). In der Gruppe der Öffentlichen Einrichtungen sind dies sogar nur 16,5 %. Viele Organisationen wünschen sich explizit mehr Informationen zu diesem Thema.
Man lernt nie aus
Bislang setzen nur 45,2 % der Organisationen Maßnahmen im Bereich Lebenslanges Lernen um. Diese beziehen sich vor allem auf die Weiterbildung in persönlichen sowie digitalen Kompetenzen. Diejenigen Organisationen, die im Bereich Lebenslanges Lernen noch nicht aktiv geworden sind, wünschen sich v. a. mehr Informationen zur Umsetzung und ein größeres Engagement der Führungskräfte.
Klassische Mitarbeiterbefragung nicht aus der Mode
Die klassische Mitarbeiterbefragung ist in 93,1 % der Organisationen, die eine Bedarfserhebung durchführen, immer noch erste Wahl. Neuere Verfahren wie Puls-Befragungen oder Instant-Feedback spielen zwar bislang eine untergeordnete Rolle, sind aber im Kommen. In der Branche Information und Kommunikation finden sie schon häufiger Anwendung.
Nachholbedarf bei der psychischen Gefährdungsbeurteilung
50,3 % der Organisationen kommen der gesetzlichen Pflicht zur psychischen Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz nach. 15,4 % planen eine Umsetzung – vor allem mittels schriftlicher Befragung oder Interviews. Insbesondere kleinere Organisationen haben bei der psychischen Gefährdungsbeurteilung Nachholbedarf.
Organisationen wünschen sich mehr Information zum Nutzen von Gesundheitskommunikation
Die Gesundheitskommunikation wird in 58,9 % der Organisationen umgesetzt. Der klassische Gesundheitstag spielt dabei nach wie vor eine besondere Rolle. Viele Organisationen wünschen sich mehr Informationen zum Nutzen und zur Umsetzung des Themas.
Handlungsfeld Schlaf und Erholung weiter auf dem Vormarsch
Seit der whatsnext-Studie 2017 hat sich der Anteil der Organisationen, die Maßnahmen zum Thema Schlaf und Erholung anbieten, deutlich erhöht. 22,3 % – insbesondere Organisationen aus dem Westen – haben nun entsprechende Angebote und greifen dabei in erster Linie auf Vorträge zurück. Innovative Formate haben eher Seltenheitswert. 61,3 % derjenigen, die das Thema noch nicht umsetzen, schätzen den Bedarf als nicht hoch genug ein.
Wie kann Digitale BGF umgesetzt werden?
Organisationen ohne digitale BGF-Angebote wünschen sich v. a. mehr Wissen zur Umsetzung. Demgegenüber ist die digitale BGF in 13,5 % der Organisationen bereits Realität – dazu zählen vor allem Organisationen mit hohem BGM-Budget. 14,0 % der Organisationen planen entsprechende Angebote. Dabei stehen vor allem Gesundheits-Portale und Online-Coachings im Fokus.
Dauerthema Datenschutz
85,5 % der Organisationen geben an, dass das Thema Datenschutz eine große oder eher große Bedeutung für sie hat. Dies spiegelt sich auch in der Umsetzung von Maßnahmen wider. 9 von 10 Organisationen sind hier aktiv. Insbesondere Kleinstorganisationen und Organisationen aus Ostdeutschland haben bei der Bestellung eines/einer Datenschutzbeauftragen aber noch Luft nach oben.
Ein ewiges Hin und Her
Insbesondere Großorganisationen unterstützen die Beschäftigten im Hinblick auf das Thema Pendeln. Am weitesten verbreitet sind das Ermöglichen von Mobiler Arbeit bzw. Telearbeit (73,8 %). Organisationen, die bisher keine Angebote etabliert haben, sehen vor allem keinen ausreichend hohen Bedarf des Themas, was auch daran liegen könnte, dass sie kaum Pendler innerhalb der Belegschaft haben.