Startseite • Maßnahmen • Schlaf und Erholung • Wintermüdigkeit – warum uns die dunkle Jahreszeit so schläfrig macht
Aktuell werden die Nächte wieder länger und die Tage dafür immer kürzer. Der Herbst beschert uns nicht nur viele bunte Blätter, sondern leider auch immer dunkler werdende Tage. Der Sonnenaufgang verschiebt sich nach hinten und bereits am frühen Abend verlässt uns die Sonne wieder – und damit auch die Helligkeit. Dann werden mit jedem vergangenen Tag die hellen Stunden weniger und die dunklen mehr – und wir dadurch immer schläfriger. Gefühlt ist es kaum noch Tag und mit der verschwundenen Sonne fehlt uns nicht nur die leichte Sommerstimmung, sondern auch unsere erfrischende Wachheit am Tag. Wir kämpfen mit ständiger Müdigkeit und nicht nur das Aufstehen am Morgen wird zur Herausforderung. Auch am Abend sind wir zu weniger Unternehmungen bereit – wenn es draußen schon dunkel ist, lockt eher das Sofa.
Warum uns die dunkle Jahreszeit zu schaffen macht und was Sie dagegen tun können, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Die dunkle Jahreszeit
Am 31. Oktober beginnt die Winterzeit – an diesem Tag werden die Uhren um eine Stunde zurückgestellt. Die Zeitumstellung führt dann dazu, dass es abends früher dunkel wird. Aber dafür ist es morgens eine Stunde früher hell. Die „geschenkte“ Stunde hilft also nicht gegen die auftretende Wintermüdigkeit. Die Stunden, an denen es hell ist, werden in der Winterzeit im Vergleich zur Sommerzeit halbiert. Am Höhepunkt der Winterzeit – an der Wintersonnenwende, dem 21.Dezember – dauert der Tag gerade einmal 8 Stunden und 13 Minuten. Die wenigen hellen Stunden verstecken sich zusätzlich meist hinter einer dicken Wolkendecke. Die gedämpfte Helligkeit, gepaart mit weniger Tagesstunden macht uns schläfrig und müde.
Was steckt hinter der Wintermüdigkeit?
Ob morgens, mittags oder abends – ein wenig schläfrig scheint man während der dunklen Jahreszeit immer zu sein. Doch woran genau liegt das? Schuld an der Wintermüdigkeit ist unser zirkadianer Rhythmus, der umgangssprachlich auch gerne als innere Uhr bezeichnet wird. Die Abstimmung vieler physiologischer Prozesse sowie energetischer Abläufe im menschlichen Körper werden durch Faktoren wie dem Tag-Nacht-Rhythmus bestimmt. In Einklang mit den psychosozialen Zeitgebern wie zum Beispiel dem arbeitsbedingten Frühaufstehen wird so unser eigener zirkadianer Rhythmus bestimmt.
Tageslicht als Taktgeber
Das Tageslicht spielt dabei eine besonders wichtige Rolle. Es reguliert und passt den zirkadianen Rhythmus durch Lichtimpulse im Auge an. Durch die Stimulation von Ganglienzellen und Fotorezeptoren in der Netzhaut werden Lichtimpulse an unsere innere Uhr vermittelt. So werden spezielle Neurotransmitter freigesetzt, die bei Tageslicht dazu führen, dass die Gehirnzellen aktiviert werden. Gleichzeitig wird bei einstrahlendem Tageslicht aktiv verhindert, dass Melatonin im Gehirn produziert werden kann. Nachts führt das Fehlen von Licht dann zu einer Stimulation der Melatoninsynthese, was die Gehirnzellen über den Eintritt der Nacht informiert. Diese Information des Signalmoleküls Melatonin führt zu einer Hemmung der Gehirnaktivität, was wir dann als Müdigkeit wahrnehmen können. Werden im Winter nun die Tage immer kürzer und dafür die Nächte länger, sind wir einer vermehrten Melatoninausschüttung ausgesetzt. Unser Gehirn bekommt also häufiger und früher am Tag das Signal, dass wir bald ins Bett gehen werden, obwohl es tatsächlich noch gar nicht so spät ist. So entstehen auf physiologischer Ebene irrtümliche Signale und unsere innere Uhr verstellt sich während der dunklen Jahreszeit.
Das Schlafbedürfnis wird im Winter spürbarer
Abgesehen vom zirkadianen Rhythmus gibt es noch weitere Faktoren, die unsere Wintermüdigkeit begünstigen. Zum Beispiel bringen uns die immer kälter werdenden Temperaturen in Herbst und Winter dazu, viele unserer sportlichen Aktivitäten zu reduzieren oder gar zu pausieren. Spaziergänge, Fahrrad fahren, Joggen und andere Outdoor-Sportarten werden deutlich seltener ausgeübt. So bewegen wir uns insgesamt weniger, was die Wintermüdigkeit weiter verstärken kann. Ein weiterer Grund kann das Fehlen von Vitamin D sein, das (im Sommer) durch das Einstrahlen von Sonnenlicht auf die Haut gebildet wird. Letztlich kann Wintermüdigkeit aber auch ein Symptom der Winterdepression (SAD, seasonal affective disorder) sein, wobei die Müdigkeit dann mit einer depressiven Verstimmung einhergeht.
Tatsächlich erhöht sich durch die eben genannten Faktoren das Schlafbedürfnis in der Herbst- und Winterzeit um etwa 30 bis 60 Minuten. Diesem erhöhten Bedürfnis nachzukommen, wäre eine Möglichkeit der Gegenregulation, ist aber leider nicht immer möglich, da uns oft Arbeitszeiten und andere psychosozialen Zeitgeber einschränken. Trotzdem gibt es verschiedene Tipps, die uns in der dunklen Jahreszeit mit Energie versorgen.
Unsere Tipps gegen Wintermüdigkeit
Wenn Sie die Wintermüdigkeit überkommt und es Ihnen schwerfällt aus dem Bett zu kommen oder Ihnen die Motivation zu Unternehmungen fehlt, nehmen Sie sich gerne unsere Ratschläge zu Herzen:
- Gönnen Sie Ihrem Körper den Schlaf, den er braucht: Sofern Sie früher müde sind, gehen Sie auch früher ins Bett. Wenn Sie sportlich aktiv sind, sollten Sie Ihrem Körper noch mehr Zeit für die Regeneration geben.
- Gehen Sie öfter an die frische Luft: Natürliches Tageslicht und frische Luft (z. B. am Morgen) helfen dabei, munter zu werden und hemmen die Melatoninproduktion.
- Bewegen Sie sich: Sport hilft, den Körper zu aktivieren. Durch die Ausschüttung verschiedener Botenstoffe wird der Kreislauf aktiviert. Körper und Geist werden aus der Wintermüdigkeit erweckt.
- Innenräume lüften: Durch regelmäßiges Lüften verhindern Sie eine zu trockene Heizungsluft und werden durch die kalte Luft wacher.
- Fit durch ein Nickerchen: Holen Sie sich neue Energie, indem Sie ein 15-minütiges Nickerchen (ab dem Einschlafzeitpunkt) ausprobieren. Achten Sie aber darauf, diese Zeit nicht zu überschreiten, um nicht in den Tiefschlaf zu fallen.
- Tageslichtlampen: Verwenden Sie zuhause oder bei der Arbeit luxstarke Lichtlampen, um Tageslicht zu imitieren und so der Ausschüttung von Melatonin vorzubeugen.
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Quellen:
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