Weibliche Beschäftigte sind weniger körperlich aktiv als männliche Beschäftigte
Und eine Altersklasse bewegt sich besonders wenig
Juli 2020
Seit Monaten strömen die Menschen bei schönem Wetter nach draußen. Bewegung und Sport gewinnen in unserer Gesellschaft weiter an Bedeutung. Die positiven Effekte von regelmäßiger Bewegung sind vielfach nachgewiesen. Aktuelle Studienergebnisse des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) mit Sitz in Konstanz und Eckernförde zeigen jedoch: Es gibt durchaus Personengruppen, die sich noch mehr bewegen könnten.
Das IFBG hat dazu die Daten von zahlreichen wissenschaftlichen Mitarbeiterbefragungen in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen ausgewertet. Die Daten der rund 7.900 Beschäftigten zeigen, dass es Unterschiede zwischen Männern und Frauen bei der körperlichen Aktivität gibt. Während 67,7% der Männer mindestens auf 300 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche kommen, sind es bei den Frauen mit 61,0% signifikant weniger.
Auch in den verschiedenen Altersgruppen zeigen sich deutliche Unterschiede. Während 68,7% der 50-59 jährigen Beschäftigten (männlich und weiblich) auf mindestens 300 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche kommen, sind es bei den 30-39 Jährigen lediglich 60,5%. Dieser Unterschied überrascht. Ob dies an den unterschiedlichen Anforderungen in Job und Privatleben liegt? Um die genauen Gründe zu eruieren, sind laut IFBG tiefergehende Analysen notwendig.
Was die WHO empfiehlt
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt mindestens ein Pensum von 150-300 Minuten moderater Bewegung pro Woche (bspw. schnelleres Gehen). Die Daten des IFBG zeigen, dass lediglich 14,3% der Befragten dieses Level an körperlicher Aktivität nicht erreichen. Ab einer moderaten körperlichen Aktivität von 300 Minuten ergeben sich laut WHO zusätzliche positive gesundheitliche Effekte (z. B. ein geringeres Risiko hinsichtlich Brust-/Darmkrebs, Diabetes oder Schlaganfall).
Die besten Tipps für Beschäftigte und Führungskräfte für einen bewegten Alltag – vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG):
- Improvisation ist gefragt – wenn Sie im Home-Office/Büro keinen höhenverstellbaren Tisch haben, können Sie sich einen Steh-Arbeitsplatz z. B. an einer Kommode/einem Regal einrichten, um Ihren Körper zu entlasten. Bücher und Kisten können als zusätzliche Erhöhung dienen.
- Richten Sie Ihren Arbeitsplatz dynamisch ein, so dass Sie gezwungen sind, immer wieder aufzustehen und sich zu bewegen. Der Papierkorb und der Drucker kommen in den Flur, die Kaffeemaschine bleibt in der Küche und das Wasserglas steht auf der Fensterbank.
- Nicht nur der Arbeitsplatz, sondern auch Ihre Sitzhaltung sollte dynamisch sein. Wechseln Sie öfter Ihre Sitz-/Steh-Position und halten Sie sich an die 40-15-5 Regel: 40 Minuten sitzen, 15 Minuten stehen, 5 Minuten bewegen. Es gilt: Die nächste Position ist immer die Beste.
- Suchen Sie sich einen Ausgleich, den Sie fest in Ihren Alltag integrieren: Gartenarbeit, Radfahren, Yoga, Spaziergänge, Fitness. Gestalten Sie Ihr Freizeitprogramm konträr zu Ihrer Arbeit im Home-Office: Mit ausreichend Bewegung (am besten an der frischen Luft).
- Kleine Übungen am Schreibtisch helfen, den Körper in Schwung zu halten. Durch regelmäßiges Arm-, Schulter-, Kopf-, Handkreisen und Rückendrehungen entspannen sich Ihre Gelenke und Muskeln.
- Führen Sie Rituale ein! Nach jedem Toilettengang werden z. B. 5 bewusste Körperstreckungen gemacht, während Sie auf Ihren frischen Kaffee warten machen Sie 10 Hampelmänner. Sie werden merken, wie beweglich Ihr Körper bleibt und wie sich Ihre Konzentration verbessert.
- Werden Sie kreativ! Bleiben Sie für das Telefonat stehen, nutzen Sie zum Brainstormen und für Denkblockaden einen Spaziergang an der frischen Luft – und warum eigentlich nicht mal während der Arbeit tanzen?
- Wer viel trinkt, lebt gesünder – und muss öfter auf die Toilette. Trinken Sie ausreichend Wasser (mindestens 1,5 Liter pro Tag). Die häufigen Gänge zur Toilette halten Sie in Bewegung und können wunderbar für einige kleine Übungen genutzt werden.
- Nutzen Sie „Helferchen“, um sich zu motivieren. Stellen Sie einen Timer oder einen Desktop-Reminder ein, der Sie regelmäßig daran erinnert sich zu bewegen. Durch spezielle Ballkissen entlasten Sie Ihren Rücken (Ihre Wirbelsäule wird es Ihnen danken.) Und zahlreiche Smartphone-Apps geben Tipps und Tricks für häusliche Fitnessübungen.
Drei Fragen an Bewegungsexpertin Cathrin Kukutschka vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG):
Warum ist ein bewegter Alltag für Menschen so wichtig?
Arbeiten, gerade an Büroarbeitsplätzen und ggf. im Home-Office, bedeutet viel Sitzen und wenig Bewegung. Wer dann abends auch noch auf der Couch liegt, bei dem steigt das Erkrankungsrisiko an. Neben Rückenbeschwerden haben Vielsitzer ein erhöhtes Risiko an Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Leiden zu erkranken. Zusätzlich verringert fehlende Bewegung die Produktivität und Leistungsfähigkeit von Beschäftigten. Und durch mangelnde sportliche Aktivitäten werden psychische Belastungen gefördert. Ein bewusst längerer Fußweg zur Arbeit oder der Einbau von Bewegungsritualen (z. B. Spaziergänge am Abend, mit dem Rad einkaufen) können hier schon etwas Abhilfe schaffen.
Was kann von Unternehmensseite getan werden, um mehr Bewegung in den Büroalltag zu bringen?
Wichtig sind hier zunächst die Gegebenheiten vor Ort. Wenn Umkleideräume oder Duschmöglichkeiten vorhanden sind, dann werden sich einige Beschäftigte für einen aktiveren Arbeitsweg entscheiden. Weiterhin lassen sich Bewegung und Teambuilding wunderbar kombinieren – schon 10 Minuten für eine bewegte Teampause pro Woche können etwas bewirken. Eine weitere Möglichkeit für große Unternehmen sind Betriebsfahrräder. Auch kleine Bewegungsaktionen, wie etwa eine Schrittzähleraktion, können die Motivation erhöhen. Wenn man solche Teamchallenges nach rund 3 Monaten wieder beendet, entsteht sogar manchmal eine erhöhte Nachfrage. Nach dem Motto: „Wann geht es endlich weiter?“.
Welche Rolle kommt hier den Führungskräften zu?
Führungskräfte nehmen innerhalb des eigenen Teams natürlich eine gewisse Vorbildfunktion ein, an welcher sich die Teammitglieder orientieren. Arbeitet die Führungskraft lange, ausdauernd, schläft wenig und schont sich auch nicht bei Krankheit, so passen sich die Beschäftigten in ihrem Verhalten häufig daran an. Schließt sich die Führungskraft jedoch beispielsweise einer bewegten Pause an, so werden sich einige Beschäftigte ebenfalls daran beteiligen. Und wenn die Führungskraft alles andere als eine Sportskanone ist, dann macht das gar nichts. Die Beschäftigten werden sich in erster Linie darüber freuen, dass die Führungskraft mit von der Partie ist und Bewegung unterstützt.