Arbeitsatmosphäre 2020 – jüngere Beschäftigte bewerten Zusammenarbeit besser als ältere Beschäftigte
Januar 2020
Das Jahr 2020 hat begonnen – viele Arbeitgeber und Beschäftigte haben in der Silvesternacht auf das neue Jahr angestoßen und sich Ziele für die Zukunft gesetzt. Neben persönlichen Zielen sind dies auch Ziele auf Teamebene bzw. in der Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen. Da stellt sich die Frage, wie es eigentlich um die Aspekte Arbeitsatmosphäre und Zusammenarbeit in deutschen Unternehmen bestellt ist und welchen Zusammenhang es zur wahrgenommenen Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen sowie Führungskräfte gibt.
Das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) mit Sitz in Konstanz und Kiel hat dazu umfassende Daten aus zahlreichen wissenschaftlichen Mitarbeiterbefragungen in Unternehmen verschiedener Branchen zusammengetragen und ausgewertet. Die Daten zeigen, dass rund 87 Prozent der etwa 16.000 befragten Beschäftigten die Atmosphäre zwischen sich und ihren Arbeitskollegen oft oder immer als gut bezeichnen.
Tiefergehende Analysen des IFBG mit etwa 3.100 Beschäftigten, die in Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse (TK) erhoben wurden, konnten zeigen, dass eine unterschiedliche Wahrnehmung bei den verschiedenen Altersgruppen festzustellen ist. Die Gruppe der unter 40-jährigen Befragten nimmt die Atmosphäre sowie die Zusammenarbeit signifikant besser wahr als ihre älteren Kolleginnen und Kollegen.
Die Analysen des IFBG zeigen zudem, dass es einen Zusammenhang mit der wahrgenommenen Unterstützung durch den Kollegenkreis und Führungskräfte gibt: Diejenigen Befragten, die die Arbeitsatmosphäre und Zusammenarbeit als gut bezeichnen, berichten auch von einer höheren Unterstützung durch den Kollegenkreis und Führungskräfte.
Fazit: Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass noch weitere Faktoren einen Einfluss auf die Atmosphäre und die Zusammenarbeit am Arbeitsplatz haben. Dennoch sind die Ergebnisse erfreulich – zeigen sie doch, dass die Atmosphäre, sowie die Zusammenarbeit insbesondere von den Beschäftigten unter 40 Jahren positiv bewertet wird. Das IFBG empfiehlt, ein besonderes Augenmerk auf die Passung im Team zu legen, um eine gute Arbeitsatmosphäre und Zusammenarbeit zu fördern. Teamfähigkeit und Teampassung können nur bedingt durch Team-Building-Maßnahmen beeinflusst werden. Die Bewerberauswahl, Rollenklarheit und das richtige Einsatzfeld spielen in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle zu, wie auch IFBG-Experte Jan Schaller weiß (siehe nachfolgendes Interview).
Tipps für Beschäftigte und Führungskräfte für eine bessere Arbeitsatmosphäre und Zusammenarbeit – vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG):
- Eigene Teamfähigkeit stets kritisch hinterfragen und offen sein für persönliche Weiterentwicklung
- Ehrlichkeit im gesamten Bewerbungsprozess und gegenseitige Passung genau prüfen
- Erwartungen aneinander klar festlegen und für Rollenklarheit sorgen
- Eine gute Feedback-Kultur auf allen Hierarchieebenen entwickeln und auch leben
- In Mitarbeitergesprächen stets die Aspekte „Team“ und „Zusammenarbeit“ ansprechen und ehrliche, aber wertschätzende Rückmeldungen geben
- Eigene Bedürfnisse bei der Arbeit klar an die Kolleginnen und Kollegen kommunizieren und die Bedürfnisse der Anderen respektieren
- Einrichtung eines „Kummerkastens“, in den anonym Anregungen und Hinweise eingeworfen werden können, oder Bestimmung einer Vertrauensperson, an die sich alle Beschäftigten wenden können
- Teambuilding-Maßnahmen
Drei Fragen an Jan Schaller vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG):
Was sind die Risiken für Unternehmen, wenn die Beschäftigten die Atmosphäre oder Zusammenarbeit schlecht bewerten?
Häufig sehen wir in unseren Mitarbeiterbefragungen, dass in diesen Fällen auch noch andere Themen im Argen liegen. Beispiele dafür sind etwa das wahrgenommene Feedback, die soziale Unterstützung und nicht zuletzt die Arbeitszufriedenheit. Letztlich kann es durch eine gestörte Zusammenarbeit natürlich zu Streitigkeiten und Konflikten kommen – oder andersherum. Auch auf die psychische Gesundheit oder eine erhöhte Mitarbeiterfluktuation kann sich eine schlechte Arbeitsatmosphäre negativ auswirken. Gerade Langzeiterkrankungen und ein steter Wechsel in der Beschäftigtenstruktur sind aus betriebswirtschaftlicher Perspektive keine allzu erwünschten Zustände für Arbeitgeber.
Was kann von Unternehmensseite getan werden, um die Atmosphäre im Team sowie die Zusammenarbeit der Beschäftigten positiv zu beeinflussen?
Der Klassiker sind natürlich die altbekannten Teambuilding-Maßnahmen. Doch diese setzen nur selten an den wirklichen Ursachen an. Schwelt bereits ein langfristiger Konflikt im Team, bringt es nicht viel, eine Wildwasser-Rafting-Tour zu unternehmen und auf Besserung zu hoffen. Im Sinne eines modernen Gesundheitsmanagements gilt es hier, präventiv zu agieren und den Anfängen zu wehren. Unternehmen sollten vor allem im Bewerbungsprozess sehr genau die Passung und die sozialen Kompetenzen der Bewerber prüfen und sich lieber mehr Zeit für die Auswahl nehmen. Zudem kann es helfen, Anlaufstellen zu bieten, an die sich die Beschäftigten im Konfliktfall wenden können. Wichtig ist es auch, für eine vertrauensvolle Atmosphäre zu sorgen, in der sich die Beschäftigten auch trauen, Dinge frühzeitig anzusprechen. Letztlich ist eine vorausschauende Strategie bei der Personalrekrutierung sicherlich der Grundstein für eine positive Atmosphäre und ein hohes Maß an Gemeinschaftsgefühl – das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Welche Rolle kommt hier den Führungskräften zu?
Eine ganz entscheidende. Führungskräfte haben viele Möglichkeiten, die gesamte Arbeitsatmosphäre zu prägen. Regelmäßige Feedbackgespräche, eine offene Türe und ein gutes Gespür für die Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nur einige Bausteine. Häufig beobachten wir, dass die fachlich besten Mitarbeiter zu Führungskräften ernannt werden, aber weiterhin vordergründig operative Aufgaben wahrnehmen. Richtig ist es meiner Meinung nach aber, Leitungsfunktionen anhand von Führungskompetenzen und Kommunikationsfähigkeiten zu vergeben. So kann eine Kultur geschaffen werden, die es den einzelnen Beschäftigten ermöglicht, aufzublühen und sich im Team wohlzufühlen.