Startseite • Allgemein • IFBG gibt dpa-Interview zum Post-Holiday-Syndrom
In vielen Bundesländern in Deutschland sind die Sommerferien bereits vorbei, in manchen Gegenden beginnen sie erst noch. Früher oder später stehen alle aus dem Urlaub an den Arbeitsplatz zurückkehrenden Beschäftigte möglicherweise aber vor dem gleichen Problem: dem Erleben des Post-Holiday-Syndroms. Robin Kaufmann, Psychologe und Mitarbeiter des IFBG, hat der dpa zu diesem Phänomen ein Interview gegeben.
Beim Post-Holiday-Syndrom geht es darum, dass Beschäftigte direkt nach dem Urlaub Stimmungs- und Leistungstiefs im Job erleben, erklärt Robin Kaufmann vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) in Konstanz. Die Bezeichnung Syndrom sei dabei aber eigentlich nicht korrekt. „Es geht nicht um eine Krankheit, sondern um einen relativ kurzfristigen Effekt.“
Ausgelöst werde das Leistungstief, weil der Körper nach dem Urlaub im Entspannungsmodus sei und sich erst wieder an die Arbeitsbelastung gewöhnen müsse. „Vielleicht hatte man andere Schlafzeiten im Urlaub und muss sich erst wieder ans frühe Aufstehen gewöhnen. Das kann eine große Umstellung sein.“
Man sehnt sich zurück, die Stimmung ist im Keller. Das alles verstärkt den Stress. Das könne bis zur Post-Holiday-Depression gehen, sagt Kaufmann. Heißt: Betroffene kämpfen zum Teil auch mit katastrophisierenden Gedanken.
Freeblocks gegen Jobstress beim Wiedereinstieg
Experten raten grundsätzlich zu einem sanften Wiedereinstieg. So sollte man sich die ersten Tage im Job weitestgehend freihalten. Solche so genannten „Freeblocks“ helfen, um stressfrei E-Mails abarbeiten und eine Planung für die kommenden Tage erstellen zu können. Robin Kaufmann zufolge setzen Beschäftigte idealerweise schon früher an. „Am besten gibt man sich noch in der Urlaubszeit zwei bis drei Tage Übergangsfrist zu Hause“, sagt der Experte des IFBG. „Dann kann man ankommen, den Schlafrhythmus anpassen und sich innerlich wieder auf Arbeit einstellen.“
Ein Trick, um sich den Jobstress noch etwas vom Hals zu halten, kann auch sein, automatische E-Mail-Antworten auch nach der Rückkehr noch für ein oder zwei Tage weiterlaufen zu lassen. „Dann kommen nicht gleich alle Kunden am ersten Tag nach dem Urlaub auf einen zu.“
Auch die Aufgaben sollte man so wählen, dass man nicht direkt wieder in den vollen Projektstress eintauchen muss. Besser seien kurze Aktivitäten und ein Terminplan, in dem man To-dos in überschaubare Einheiten gliedert. Kaufmann rät außerdem dazu, die Entspannung aus dem Urlaub in den Alltag mitzunehmen. Etwa, indem man ausreichend Pausen macht, mit Kolleginnen und Kollegen beim Kaffee Urlaubserlebnisse austauscht, kleine Achtsam- und Meditationsübungen in den Alltag einbaut oder einfach mal in Urlaubserinnerung schwelgt.
Gegen das Grauen vor dem ersten Arbeitstag hilft frühzeitige Planung
Wer regelmäßig darunter leidet, dass gegen Ende des Urlaubs die Gedanken an Arbeit überhand nehmen, könne überlegen, schon vor dem Urlaub mit der Planung für die Rückkehr anzufangen. „Da geht es etwa darum, Postfächer für Kolleginnen und Kollegen freizugeben oder zum Beispiel Projekte vor dem Urlaub abzuschließen, so dass man dann nach dem Urlaub neu starten kann“, sagt Psychologe Kaufmann. Auch To-do-Listen helfen, um nach dem Urlaub klare Schritte zu haben, an denen man sich orientieren kann.
„Wenn man Angst vor dem ersten Arbeitstag hat und gar nicht mehr entspannen kann, helfen Stressbewältigungsmethoden“, so der Experte. Wer etwa in ein negatives Gedankenkarussell abrutscht, könne sich ein großes Stopp-Schild vorstellen. Dazu verdeutlicht man sich: „Halt, das bringt mir gar nichts, mich aufzuregen. Ich mache das weiter, was ich gerade tun kann.“ Sich auf das Leben im Hier und Jetzt zu besinnen, könne helfen, die Gedankenspirale zu durchbrechen.
Was die Führungskraft und das Team für Urlaubsrückkehrer tun kann
IFBG-Experte Kaufmann rät Führungskräften, Zeit für Persönliches zu schaffen. „Führungskräfte sollten Interesse aufbringen für die Erlebnisse der Mitarbeiter, für die der Urlaub ja etwas Besonderes war.“ So kann man etwa im Meeting vom Urlaub erzählen lassen oder sich bei einem Kaffee oder in der Kantine austauschen.
Reisen während der Pandemie: Anpassung an den Reisetyp
Reisen während einer Pandemie kann stressen. „Natürlich ist die Angst vor Ansteckung in Risikogebieten absolut berechtigt“, sagt Robin Kaufmann. „Da muss man auch in diesem Jahr besonders darauf achten, wo man hinreisen kann und möchte.“
Wissenschaftler unterscheiden dem Experten zufolge drei Reisetypen: Nervöse, Zurückhaltende und Entspannte, die mit zunehmender Risikobereitschaft unterwegs sind. „Da empfiehlt es sich, sich selbst ein bisschen einzuschätzen: Will ich tatsächlich ins Ausland reisen, wenn ich ein Nervöser bin? Wenn ich im Urlaub dann ständig unter Stress stehe, bekomme ich gar keinen Erholungseffekt.“ Vielmehr droht bei der Rückkehr in den Job eine Doppelbelastung aus Urlaubsstress und Arbeitsstress. „Da ist es sinnvoll, je nachdem, wie man sich selbst und Familienmitglieder einschätzt, einfach ein bisschen zurückzustecken und vielleicht in diesem Jahr einfach mal an die Nordsee zu fahren.“
Das Interview mit IFBG-Experte Robin Kaufmann zum Thema Post-Holiday-Syndrom ist unter anderem beim Redaktionsnetzwerk Deutschland, im Handelsblatt und bei ntv erschienen.